Hoffnung stirbt zuletzt
Deshalb ruft Anja Zörner dieses Event ins Leben. Darum geht’s: Am 22.08.2024 von 07.00 Uhr bis 20.00 Uhr sucht sich Anja Orte in Palma de Mallorca aus, wird versuchen, auf kreative Art die Erinnerung an die inspirierende HOPE lebendig zu halten, indem sie mit Bleistift auf Papier ein Bild nach dem anderen von ihr zeichnet, Zeichnungen, die sie anschließend hier ausstellt. Wer will, kann die Berufskreative am kommenden Donnerstag auch unterbrechen, sie auf ein zwangloses 4-Augen-Gespräch treffen, vertrauliche, persönliche Gespräche führen, gemeinsam über Hoffnung nachdenken, um zu einem positiven Ergebnis zu finden. Denn alles passiert FÜR etwas. Und gemeinsam sind wir stärker? Anmeldung/ Abstimmung: hola@expedition-mallorca.com
Hintergrundgeschichte
„Das Wort HOPE bedeutet Hoffnung. Nicht ohne Grund taufte ich meine Hündin auf diesen Namen. Als Welpe wurde sie von einer Familie illegal nach Deutschland gebracht, angeblich sei die fünf Wochen alte Hündin einer Familie versprochen gewesen, die sie dann doch nicht wollte. Als ich zufällig von ihr erfuhr, befand ich mich in einem Tief. Aus bestimmten Gründen hatte ich den Appetit verloren, war unglücklich und allein in Frankfurt.
Mir war aufgefallen, dass mein sehr großes Frankfurter Netzwerk, es nicht bemerkte, wie ich innerlich litt. Je dünner ich wurde, desto attraktiver – echt? Mich frustrierte die Oberflächlichkeit der Sehen- und Gesehen-Werden Event-Gesellschaft. Und so zog ich mich zurück, suchte sogar Trost in der Kirche, ministrierte wie früher in meiner Jugendzeit diesmal neben Priesteramtskandidaten. Ich suchte Rat beim Pfarrer, doch blieb unverstanden, fand keinen Trost, isolierte mich weiter, nahm ab bis zum Untergewicht.
Ich wollte nicht absichtlich dünn sein, doch mir war der Appetit vergangen. Meine Welt war über einen langen Moment grau geworden. Gleichzeitig wusste ich, so konnte es nicht weitergehen. So sollte es nicht weitergehen. Obwohl ich zu wenig aß, hungerte ich. Ich hungerte nach Liebe, nach treuer Aufmerksamkeit. Ich erkannte, bereit zu sein für mehr Verantwortung, Verbindlichkeit im Miteinander. Dann traf ich auf diesen kleinen Dackel-Pinscher-Mix, eine Hündin anfänglich so groß wie ein Meerschweinchen, solche die ich früher mit voller Hingabe pflegte.
Weil Hope keine Dokumente hatte, galt sie als nicht legal in Deutschland, da noch nicht gegen Tollwut geimpft. Wenn Verantwortung bedeutet, dem Gesetz zu folgen, handelte ich richtig. Ich kaufte Hope „frei“ und meldete mich beim Veterinäramt leider mit der Konsequenz, dass mein Baby fünf Wochen lang in Quarantäne geschickt wurde. Aufgrund schlechter Leberwerte als kleines Kind mit Gelbsuchtverdacht hatte ich selbst einmal das Leben abgeschnitten von der Außenwelt hinter einer Glasscheibe erlebt. Auch Hope musste da durch. Uns verband mehr als das …
Ich zählte jeden Tag, bis ich ihr Leben endlich so gestalten konnte, wie es einer fürsorglichen Hundemutter selbstverständlich ist. Ich sparte an keinem Detail. Obwohl sie überall die Kleinste war, förderte ich Hope wie einen ganz großen Hund. Von der Welpenspielgruppe bis zur Junghundegruppe, Hundeschule und Dackelclub gab ich mein Bestes, sie mit Ihresgleichen bestmöglich zu vergesellschaften und zu beschäftigen. Anfangs verfolgte ich das Ziel, Hope ergänzend von engen Freunden betreuen zu lassen, bis ich bemerkte, dass sie lieber in unserem Bett auf meine Rückkehr wartete, statt wenn auch nur stundenweise weggegeben zu werden.
Fortan entschied ich, Hope konnte allein zu Hause bleiben und sie konnte das hervorragend. Sie wurde zur „Couch-Potatoe“ in den eigenen vier Wänden obwohl „Wirbelwind“ außerhalb. Hope war mutig und ängstlich zugleich. Hope hing ständig an meinem Rockzipfel und ich benahm mich wie eine Helikopter-Mutter. Egal wie frech, wie laut sie war, weil bellfreudig und verspielt, Hope war meistens sehr schnell Everybody’s Darling. Sie eroberte Herzen im Sturm, doch immer ihre Mama im Blick.
Hope orientierte sich sehr an ihrem Frauchen, sie war mein Engel und ich ihrer. Mit ihr zusammen als Freizeitpartnerin blühte ich wieder auf, nahm wieder zu, schmeckte Glück ewig anhaltend, denn auch heute noch, wenn auch mit Sehnsuchtstränen in den Augen, überwiegt das Gefühl der Dankbarkeit, so geliebt worden zu sein wie von ihr. Für Hope war ich unersetzbar, so wie sie es für mich ist. Deshalb wiegt ihr Verlust so schwer. Vier wunderschöne Jahre waren uns gegönnt. Ich hielt alles in einem Meer an Bildern fest, die ich erst jetzt zwei Jahre später in Etappen ansehen kann.
Es ist noch heute überwältigend schlimm, sie plötzlich verloren zu haben. Hope war ein springfreudiger Hund. Entsprechend hoch war die Verletzungsgefahr. Nach einer Odyssee an Tierarztbesuchen in einer Spezialklinik für Orthopädie schließlich gelandet, sollte sie unverzüglich an der Wirbelsäule operiert werden. Sofort. Ich stimmte zu – doch bereue heutzutage diese Entscheidung, da diese ihrem Todesurteil gleichkam. Der behandelnde Arzt meinte, Hope sei an einer Kontrastmittelreaktion gestorben, recherchierte extra in Statistiken, um mir zu erklären, dass nur 0,1 Prozent der Hunde daran versterben. Mein Hundekind traf dieses Los.
Ich hatte Hope in die Narkose verabschiedet. Sie vertraute mir, hatte mich noch mit ihren großen Augen vertrauensvoll angeschaut. 30 Minuten später war klar, dass sie ihre Augen niemals mehr öffnen würde. Ich erhielt sie leblos zurück. Sie atmete nicht mehr. Hope war verstorben, lag plötzlich schwer und für immer verstummt in meinen Händen. Aber mein Herz klopfte noch. DAS war ab jetzt eine schwere Bürde. Außerhalb der Klinik brach ich auf einer grünen Wiese zusammen. Das Schlimmste, was passieren hätte können, war passiert und traumatisierte mich nachhaltig. Ich hatte schon mehrfach in meinem Leben Trauer empfunden, doch diese Dimension ist mit Worten nicht zu beschreiben.
Meine Trauer über ihren Verlust auf Erden ist so grenzenlos groß wie die Liebe zu ihr. Orientierungslos streifte ich am gleichen Tag nachts bis morgens durch mir fremde Straßen in Wiesbaden, wo ich in ein Hotel geflüchtet war, unfähig in mein früheres Zuhause mit Hope zurückzukehren. Tag und Nacht weinte ich, wusste nicht mehr weiter. Ich verabscheute jeden Gedanken an eine Zukunft ohne Hope und sah mich in einer Gegenwart gefangen, die mich völlig verwirrte.
Alles im Leben hatte seinen Glanz verloren. Niemand konnte mich zum Lächeln bringen, bis das Telefon klingelte und eine Stimme mich berührte, die mitreißend klang. Obwohl ich im Tunneldenken gefangen war, schaffte es diese eine Stimme, mich zu erreichen. Es war purer Zufall oder Schicksal, Fügung mich in eben dieser Minute zu kontaktieren. Ich hörte zu und ließ mich überzeugen, erstmals im Leben in ein Flugzeug zu steigen. Es sollte eine Einladung nach Mallorca sein. Darauf vertraute ich. Ich vertraute dieser Stimme. Deshalb flog ich am 22.08.2022 nach Mallorca.“
Anja Zörner, 18.08.2024
Über den HOPE Memorial Day Mallorca
„Das Prinzip Hoffnung rettet Leben. Hope trat in mein Leben, erhellte es wie ein Engel, sie liebte mich als Partnerin und war mein Partner Hund. Ohne sie verlor ich zunächst die Hoffnung, weiterleben zu können. Auf der Sonneninsel Mallorca schöpfte ich neue „HOPE“, dass es sich lohnt, wieder zu lieben, obwohl das gefährlich ist. Denn was zu schön ist, ist besonders schmerzhaft, es zu verlieren.
Hope liebte mich und ich sie. Wir blickten uns in die Augen und jeder sah, dass wir immer nacheinander schauten. Wir kümmerten uns umeinander. Menschen ohne Hundeerfahrung werden sich fragen, wie ein Hund einen Partner ersetzen kann. Das können Hunde. Hunde sind die einzigen Tiere, die den Menschen als Partner tatsächlich behandeln. Hope war es wichtig, mit mir einzuschlafen. Das sogenannte Kontaktliegen kennen hoffentlich die meisten Hundebesitzer. Nur ein Problem hatten wir und das kostete unser Glück, wir sprachen nicht die gleiche Sprache.
Hope konnte mir nicht sagen, nicht beschreiben, was ihr genau weh tat. Drei Wochen lang experimentierten Ärzte in Frankfurt bis einer endlich den Verdacht aussprach: die Wirbelsäule sei bei ihr das Problem – bekanntermaßen ein Dackel. Rückblickend hätten Ärzte bei ihrer Symptomatik gleich den Stellreflex testen müssen. Hope – wie ein Baby – konnte mir nicht erklären, welcher Schmerz sie plagte, der mir zwar auffiel, aber ich konnte ihn ihr nicht nehmen, musste Medizinern vertrauen, für die Hope ein Hund unter vielen war.
Für mich bedeutete Hope mein Licht, meine Sonne, meine Freundin, mein Kindersatz zugleich. Ich hatte versprochen, für Hope da zu sein – immer. Als sie starb, hatte ich versagt. Ich hatte sie nicht beschützen können weder vor dem Bandscheibenvorfall noch vor dem Herzinfarkt. Auf Mallorca lernte ich die Einstellung kennen, dass alles gewiss FÜR etwas geschieht. Ich konnte später einer mallorquinischen Hündin, die ich Hola taufte, einen Platz in meiner Familie schenken. Ich konnte versuchen, mich einem Menschen noch mehr zu nähern als meiner Hope. Doch die gleiche Sprache zu sprechen, heißt nicht automatisch, die gleiche Sprache zu sprechen.
Gefühle wie Liebe drückte ich mein Leben lang meinen Tieren gegenüber aus – wortlos. Doch wie gelingt das zwischenmenschlich? Seit ich Hope vermisse, umgibt mich mal mehr mal weniger ein Mantel der ständigen Traurigkeit. Noch mehr Verlustängste beschäftigen mich als vorher. Indem ich nach zwei Jahren die Kraft gefunden habe, Bilder meiner Hope anzuschauen, kam ich auf den Gedanken, meine Tränen in goldene Worte, Zeichnungen und Gespräche zu verwandeln. Wenn es um Liebe, das intimste Gefühl aller geht, verstumme ich bisher noch. Aber solange mein Herz und nicht nur meins schlägt, kann meine Erinnerungskultur vielleicht dazu beitragen, mehr Menschen wie auch mir selbst Hoffnung zu spenden, heilsame, die motiviert, stärkt, nährt.
Im stillen Kämmerlein meinen Verlust zu beweinen, stellte ich fest, führt in eine Sackgasse. Ich beschloss, einen ersten HOPE Memorial Day Mallorca ins Leben zu rufen. Ohne den Verlust meiner Hündin wäre ich vielleicht niemals in ein Flugzeug gestiegen, dann hätte ich nicht die danach schönsten Augenblicke im Leben auf dieser Insel erfahren. Hope und Mallorca gehören für mich zusammen; Hoffnung assoziiere ich mit Mallorca. Über Hoffnung möchte ich sprechen, gemeinsam bewerkstelligen, hoffnungsvoll gen Himmel und in die Zukunft zu schauen.
Wie viele Bilder werde ich zeichnen, wie viele Gespräche werde ich am 22.08.2024 führen. Ich lade dazu ein, ein 4-Augen-Gespräch mit mir an diesem Tag zu suchen und ganz persönliche Gespräche zu führen. Der Alltag ist oft schnell und laut. Es braucht da nicht nur Auszeiten mit sich selbst, sondern auch bewusste Zeiten mit vertrauten Menschen. Dazu kann ich nur versuchen, zu inspirieren. Ich kann nicht erzwingen, zusammen mit mir stärker zu sein, aber meine Hand bleibt ausgestreckt, mein Wunsch zu verbinden und verbunden zu sein ist größer als die Furcht vor Ablehnung.
Als ich das mir teuerste Geschöpf im Leben verloren hatte, fasste ich den Mut zu fliegen, ein Flugzeug zu betreten. Ich musste auf Mallorca stranden, mich hier neu erfinden, um Alt und Neu zu verbinden, um jede Begrenzung zu sprengen, zeitlich, räumlich und zu beweisen, dass das Alter relativ ist. Wir sitzen alle im gleichen Boot vor der Herausforderung, unser Lebenslicht zu nutzen. Der Sinn meines Lebens? Ich träume davon, etwas zu hinterlassen, das mich überlebt, Worte. Eigene Kinder werden das nicht werden, aber wie Goethe dürfen meine Worte als Zeugnis und Essenz meiner kreativen Lebensleistung eines Tages verstanden und gerne dafür geschätzt werden.“
Anja Zoerner, 19.08.2024